Bettina von Zwehl
WUNDERKAMMER
Fotografie

23. September 2020 bis 13. Februar 2021
Cut-out #10, 2020, Gelatin silver print, 30 × 40 cm
© Bettina von Zwehl
23. September 2020 bis 13. Februar 2021

Im Rahmen der Reihe INN SITU werden Fotokünstlerinnen und -künstler eingeladen, mit neuen Arbeiten auf die Region Tirol/Vorarlberg zu reagieren. Vor Bettina von Zwehl zeigten Carlos Spottorno und Guillermo Abril eine Reportage über die Grenze zwischen Österreich und Italien in Tirol in Form einer fotografierten Graphic Novel, die sie als begehbares Comic im BTV Stadtforum präsentierten. Nach diesem Porträt einer politischen Landschaft senken wir die Flughöhe der Betrachtung auf die Institution des Museums, einen paradigmatischen Ort europäischer Kultur, der im Zentrum des Werks von Bettina von Zwehl steht.

Eye portrait (Madeleine), 2012, C-type print, 41 × 31,5 cm
© Bettina von Zwehl

Sammeln und herrschen

Schloss Ambras in Innsbruck gilt als das älteste Museum der Welt und enthält die einzige noch am Ort erhaltene Kunst- und Wunderkammer der Renaissance. Sie repräsentiert durch die systematische Sammeltätigkeit des Habsburgers Ferdinand II. den Beginn des modernen Museumswesens in Europa. Neben der Auseinandersetzung mit der Geschichte, Architektur und den Werken der Ambraser Sammlung suchte Bettina von Zwehl einen weiteren Anknüpfungspunkt vor Ort über die Kooperation mit einer Gruppe von Schülerinnen eines Fachgymnasiums in Innsbruck, die sie porträtierte. Beide Zugänge, die Auseinandersetzung mit der Institution Museum und Strategien des Abbildens als Prozess, stehen für zwei Hauptstränge in der Arbeit der Künstlerin. Auf beiden Feldern entstanden neue Arbeiten für INN SITU, die in der Ausstellung und der begleitenden Publikation zu sehen sind. Das Museum ist dabei der Ort des Gedächtnisses für die Geschichte des Porträts und seiner vielfältigen ästhetischen Erscheinungsformen während dessen Wanderung durch Kulturen, Dynastien, religiöse Bewegungen, Ideologien, Präsentationsformen oder visuelle Techniken. Darüber hinaus repräsentiert das Museum die Herrschaft des gesellschaftlichen Machtdiskurses – wer darin gezeigt wird und wer oder was abwesend ist.

Making-of der Ausstellung WUNDERKAMMER von Bettina von Zwehl
Redaktion, Kamera, Schnitt: Thomas Osl, STUMMLAUT Tonstudio.

An der Peripherie von Zeichnung und Skulptur

Die Arbeit im Studio steht für die Beschäftigung mit der Begegnung zwischen Fotografin und Modell. Dabei gestaltet Bettina von Zwehl verschiedene Versuchsanordnungen und deren Dosierung zwischen Kontrolle und Freiheit. Etwa wenn die Innsbrucker Schülerinnen die Kamera über ein Kabel auslösen und damit den Moment ihrer Aufnahme selbst bestimmen können oder aber wenn Kinder lebendige Schlangen in der Hand halten und fotografiert werden, während sie sich um diese kümmern. Die Wunderkammern der Bettina von Zwehl sind ihr Atelier und die Dunkelkammer. Hier entstehen handwerklich brillante Abzüge, gestochen scharfe Miniaturen, wochenlang variierte Belichtungsvarianten der Negative als plastisches Material, perfekt angepasste Passepartouts. Hier wird akribisch entwickelt, aber auch spontan gerissen oder geschnitten. Gestaltet und zerstört. Fotografien beginnen ihre medialen Grenzen zu überschreiten, sich zu verwandeln. Silhouetten-Porträts bewegen sich an den Rand der Zeichnung, Cut-outs führen an die Peripherie der Bildhauerei.

 

Bettina von Zwehl

Bettina von Zwehl ist eine bildende Künstlerin, deren Ausdrucksmedien Fotografie und Installation sind. Nach ihrem Abschluss am Royal College of Art in London konzentrierte sie sich auf die fotografische Auseinandersetzung mit Porträtmalerei. Ihre unverwechselbaren Profilansichten und Silhouetten machten sie international bekannt. Sie wurde bereits weltweit zu Artist-in-Residence-Programmen eingeladen, etwa vom Victoria and Albert Museum, London, dem Freud Museum, London, oder dem New-York Historical Society Museum. Arbeiten von Bettina von Zwehl befinden sich u. a. in den Sammlungen des Solomon R. Guggenheim Museums, New York, des Victoria and Albert Museums, London, des Arts Council, London, der National Portrait Gallery, London, oder in der Rubell Family Collection, Miami. Die Künstlerin lebt und arbeitet in London.

Johanna Doderer
WUNDERKAMMER(N)
Musik

© Maria Frodl

Große Interpreten. Alte, klassische und zeitgenössische Musik. Violine, Cello, Flügel und Elektronik. In der hohen Eingangshalle des Stadtforums, in der intimen Akustik des Konzertsaals. Im Rahmen der Reihe INN SITU beauftragen wir zweimal pro Jahr international renommierte Fotokünstlerinnen und -künstler, in Reaktion auf die Region eine Ausstellung neu zu gestalten. Parallel dazu laden wir jeweils ausgewählte Musikschaffende aus Tirol oder Vorarlberg ein, in Begegnung und Austausch mit den Künstlerinnen und Künstlern der Ausstellung ein Konzert für uns neu zu entwickeln.

Ein Konzert für Hörerlebnisse in unterschiedlichen Räumen und Besetzungen. Gestaltet von der aus Vorarlberg stammenden Komponistin Johanna Doderer in Resonanz auf die Ausstellung von Bettina von Zwehl. Mit Werken von Johanna Doderer, Johann Sebastian Bach, Béla Bartók, Nicolò Paganini und anderen mehr.

Aufgrund der Coronavirus Situation wurden die Konzerte am 23. und 24. September 2020 abgesagt.

Johanna Doderer

Die Musik Johanna Doderers behauptet sich in den großen Musikhäusern der Welt neben klassischem und zeitgenössischem Repertoire. Nach einer jahrelangen Auseinandersetzung mit Techniken der zeitgenössischen Musik findet sie eine eigene kompositorische Sprache, die Tonalität nicht ausschließt. Sie wird von international erfolgreichen Künstlern weltweit geliebt und begeistert interpretiert. So macht die Zusammenarbeit und Freundschaft mit hervorragenden Interpreten, wie etwa Patricia Kopatchinskaja, der sie ein eigenes Violinkonzert widmete, Marlis Petersen, Angelika Kirchschlager oder das Signum Saxophone Quartet, das Wesen ihrer Arbeit aus.

Der Schwerpunkt von Johanna Doderers Schaffen liegt in der Oper. Derzeit arbeitet sie an Auftragswerken für den Wiener Musikverein zum Beethoven-Jubiläumsjahr 2020, für das schwedische O / Modernt Festival in Dalarna oder für die Eremitage in Sankt Petersburg. Neben zahlreichen Werken für Kammermusik schrieb sie mehrere Werke für Orchester. In der Saison 2020 / 2021 findet in München die Premiere von Johanna Doderers neuester Oper »Schuberts Reise nach Atzenbrugg«, ein Auftragswerk des Staatstheaters am Gärtnerplatz, statt. Das Libretto dazu schrieb Peter Turrini.

Das Ensemble

© Victor Marin Roman

Gabriel Meloni, Piano

Gabriel Meloni ist Preisträger mehrerer Wettbewerbe, u.a. gewann er 2012 den dritten Preis beim internationalen „Jenö Takacs-Wettbewerb“ in Burgenland, sowie einen dritten Preis beim Internationalen Klavierwettbewerb „Nuova Coppa Pianisti“ in Osimo (IT) im Dezember 2019. Er gewann mehrere Preise beim Bundeswettbewerb „Prima La Musica“. Bereits drei Mal nahm er an der „Vienna Young Pianists“ Masterclass in Wien teil und gewann dort zweimal den Interpretationspreis und einmal den „Münchner Klavierpodium“ Preis. Im Oktober 2015 nahm er an einer Masterclass mit Lang Lang im Wiener Musikverein teil, weltweit wurden 10 von 350 Kinder für dieses Camp auserwählt. Er besuchte weitere Meisterkurse mit Paul Gulda, Pierre Réach, Michel Béroff, Pavel Gililov, Cristina Karajeva, Arnulf von Arnim, Ian Fountain und Ruben Dalibaltayan.

© Sebastian Kocon

Ádám Jávorkai, Cello

»Was dieser Cellist aus seinem Instrument herausholte, grenzte an Zauberei« (Festival der Klänge Wien). Als Solist oder Kammermusiker konzertierte er u. a. in der Tokyo Opera City, im Wiener Musikverein und Konzerthaus, beim Schleswig-Holstein Musik Festival oder in der Philharmonie Luxembourg. 2014 wurde ihm für seine Arbeit gegen Diskriminierung und für Völkerverständigung von Baruch Tenembaum die Ehrenmitgliedschaft der Raoul Wallenberg Foundation verliehen. Ádám Jávorkai spielt auf einem Instrument von Antonio Stradivari aus dem Jahre 1701.

© Georg Schiessler

Sándor Jávorkai, Violine

Der weltweit gefragte Geiger wurde für seine tiefe Musikalität und sein virtuoses Geigenspiel mit ersten Preisen in zahlreichen internationalen Wettbewerben ausgezeichnet. Er ist erster Geiger des Mozarthaus Vienna String Quartet und war Stipendiat des Herbert von Karajan Centrums in Wien. Gemeinsam mit seinem Bruder Ádám Jávorkai wurde er von der Jeunesse Wien als »Artist of the Year« ausgezeichnet. Sándor Jávorkai spielt auf einer seltenen Violine von Pietro Giovanni Guarneri (Pietro da Mantova) von 1696.

© Patrick Doderer

Patrick Doderer, Synthesizer

Patrick Doderer besuchte den Lehrgang für Tontechnik am SAE Institute in Wien. Seit 2015 schreibt er Filmmusik für die Reihe »Juwele des Landes« von Georg Riha (ORF III, ARTE). Er produzierte zwei Musikfilme gemeinsam mit Sebastian Kubelka (2017). Die Schwerpunkte seines Schaffens liegen in Filmschnitt und Klangsynthese und in der Zusammenarbeit mit Live-Musikern in Kombination mit elektronischer Musik, Filmmusik und zeitgenössischer Musik.

WUNDERKAMMER
Dialog

© photo4passion

Ein Dialog zwischen dem Psychoanalytiker Gianluca Crepaldi, der Mitbegründerin des Innsbrucker Human-Animal-Studies-Teams Gabriela Kompatscher-Gufler, der Direktorin von Schloss Ambras Veronika Sandbichler sowie dem Pianisten Andreas Tentschert. Die Sprecherinnen und Sprecher suchen sich jeweils ein Bild aus der Ausstellung aus und tauschen sich darüber untereinander aus. Ein freier Dialog mit Musik zwischen unterschiedlichen Sichtweisen, inspiriert von der Ausstellung.

Aufgrund der Coronavirus Situation wurden der Dialog und die Führung vor dem Dialog am 25. September abgesagt.

© Gianluca Crepaldi

Gianluca Crepaldi

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung der Universität Innsbruck und Psychoanalytiker in freier Praxis. Er ist wissenschaftlicher Leiter des Universitätslehrgangs Psychotherapeutisches Propädeutikum und Ausbildungsleiter am Psychoanalytischen Seminar Innsbruck.

© KHM Museumsverband

Veronika Sandbichler

studierte Kunstgeschichte an der Universität Innsbruck. Seit 2010 ist sie Direktorin von Schloss Ambras. Ihre Forschungsschwerpunkte: die höfischen Feste der Habsburger im 16. und 17. Jahrhundert, Museologie und Sammlungsgeschichte von Schloss Ambras. Zahlreiche Publikationen, unter anderem zur Geschichte des Sammelns.

© Axel Springer

Gabriela Kompatscher-Gufler

ist außerordentliche Professorin für Lateinische Philologie an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Ihre Forschung konzentriert sich auf lateinische Texte des Mittelalters, wobei der Themenkomplex »Mensch und Tier im Mittelalter« bzw. Human-Animal Studies einen besonderen Schwerpunkt bilden. Ihr größtes Anliegen in diesem Bereich ist die Verbesserung der Lebensbedingungen nichtmenschlicher Tiere durch möglichst breiten Wissenstransfer.

© E. Vinh

Andreas Tentschert

studierte Erziehungs- und Musikwissenschaft an der Universität Innsbruck sowie Konzertfach Jazzklavier an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz. Seit 2012 unterrichtet er am Mozarteum Salzburg unter anderem Jazzklavier und Improvisation. Er konzertierte mit Musikern wie Yasmo & die Klangkantine, Nina »Fiva« Sonnenberg, Mono & Nikitaman, Georg Breinschmid, Joseph Bowie u. a. m.

Über INN SITU