Melanie Manchot
MOUNTAINWORKS (Montafon)
Fotografie

2. Oktober 2019 bis 25. Januar 2020
Ausstellungseröffnung: 1. Oktober 2019, 19.00 Uhr
Eintritt frei
Die Eröffnung
© Christoph Walder
2. Oktober 2019 bis 25. Januar 2020
Ausstellungseröffnung: 1. Oktober 2019, 19.00 Uhr
Eintritt frei

Das Unbeherrschte beherrschen

Seit rund zehn Jahren beschäftigt sich Melanie Manchot mit der Landschaft und der touristischen Infrastruktur von Wintersportorten. Auf Einladung der Reihe INN SITU verbrachte sie im vergangenen Winter mehrere Wochen in der Vorarlberger Gemeinde Gaschurn. Das Dorf liegt auf etwa 1.000 Metern Seehöhe im Skigebiet Silvretta Montafon.

Die dabei neu entstandenen Fotografien und Videoarbeiten für diese Ausstellung zeigen die Arbeit hinter den Kulissen des Bergerlebnisses. Jene verborgenen Kompetenzen, Tätigkeiten und Routinen, die die Winterlandschaft erst zugänglich machen. Lange vor Sonnenaufgang ist sie bei der Wartung von Beschneiungsanlagen vor Ort, wenn Pistenraupen ausfahren oder Seilbahnkabinen durchgecheckt werden.

Melanie Manchot’s Kunst wirft dringende Fragen zu unserem Verhältnis zur Natur auf, jedoch vermeidet sie bewusst didaktische Aussagen oder reine Polemik. Die Haltung der Künstlerin betrachtet neugierig und forschend ein widersprüchliches Phänomen unserer Zivilisation: Die Faszination ursprünglicher Naturräume und die technische Organisation ihrer Zugänglichkeit. Die langfristig angelegte Werkgruppe ‚Mountainworks‘ untersucht das Verhältnis von Mensch und Umfeld und hinterfragt, wie wir mit der Verantwortung für und der Wartung von Umgebungen umgehen, die wir vorübergehend betreuen.

Hinter den Kulissen des Erhabenen

Dabei entstehen erhabene Aufnahmen großer Winterlandschaften oder romantische Sehnsuchtsbilder idyllisch leuchtender Dörfer unter dem alpinen Nachthimmel. Daneben finden sich Aufnahmen weggekarrter Schneemassen, Videos von sich ständig wiederholenden Handgriffen an einem Schaltpult, von schaufelnden und kehrenden Arbeitern.

Und eine weitere Ebene kommt dazu: Die Werke Melanie Manchots verfügen unabhängig von ihrer inhaltlichen Auseinandersetzung immer über eine eigenständige Ebene formaler, fast grafischer Qualitäten. Farbe, Proportion, Linie und Fläche, die Auseinandersetzung mit den Medien Film und Fotografie öffnen weitere Zugänge zu ihrem Werk. Dokumentation und Fiktion verbinden sich, Diskurs und Form finden einen vielschichtigen Ausdruck.

Snowdance – Region, Bild, Musik

Zur Intention der Reihe INN SITU gehört die intensive Auseinandersetzung der Fotokünstlerinnen und -künstler mit der Region und ihre Zusammenarbeit mit einem von uns eingeladenen Musikschaffenden aus Tirol oder Vorarlberg. Die Arbeit „Snowdance“ steht beispielhaft für die künstlerische Haltung hinter diesem Format. Alle Werke der Ausstellung sind Ergebnisse persönlicher Begegnungen und des neugierigen Sicheinlassens der Mitarbeiter des Vorarlberger Skigebietes auf die Arbeit der Londoner Künstlerin.

»Snowdance« ist eine Choreografie für acht Pistenfahrzeuge. Über eine Zeichnung skizziert die Künstlerin den Fahrern die auszuführenden Bewegungen. Durch ihre Interpretation dieser offenen Partitur werden diese zu einflussreichen „Mit-Wirkenden“ des Werks. Eine Drohne nimmt den nächtlichen Tanz der Maschinen auf. Der Tiroler Komponist und Zithervirtuose Christof Dienz – beauftragt mit der Gestaltung des INN SITU-Konzertes in Resonanz auf die Arbeit von Melanie Manchot – schuf den Soundtrack zu dieser einzigartigen Videoarbeit.

Das ist das Zusammenspiel künstlerischer Kompetenzen in einer und für eine Region, das wir im Rahmen der INN SITU-Projekte immer wieder neu versuchen: Der Blick von außen, Kontakt und Beziehung mit den Menschen, Alltagskulturen, Landschaften und Räumen vor Ort. Die Entwicklung neuer künstlerischer Arbeiten, die daraus Inspiration, Verbundenheit und Relevanz beziehen.

Melanie Manchot

wurde in Witten, Deutschland, geboren und studierte an der New York University sowie am Royal College of Art in London. Sie arbeitet mit Fotografie, Film, Video und Ton. Partizipatorische und kollaborative Strategien sind zentrale Elemente ihrer künstlerischen Praxis, die sich oft an Schnittstellen von dokumentarischen und inszenierten Formen bewegt. Einzelausstellungen u. a. am MAC VAL Museum für Gegenwartskunst, Paris, in der Whitechapel Gallery, London, sowie zuletzt im Kunsthaus Centre d’art Pasquart in Biel. Ihre Arbeiten sind in zahlreichen internationalen Sammlungen vertreten. Melanie Manchot lebt und arbeitet in London.

© Melanie Manchot

AHNEN
Dialog

03. April 2019, 19.00 Uhr
Auschnitt aus einem Dialog
© Iris Krug
03. April 2019, 19.00 Uhr

Der dramaturgische Dreiklang der Reihe INN SITU wird abgerundet mit einem begleitenden Dialogformat. Wir laden Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Alltagskultur und Musik ein, auf die Ausstellung zu reagieren. Dabei experimentieren wir mit neuen Formaten des Austauschs:

Die drei Sprecher suchen sich jeweils ein Bild aus der Ausstellung aus und tauschen sich darüber mit ihren Gesprächspartnern aus. Ein freier Dialog mit Musik zwischen unterschiedlichen Sichtweisen, inspiriert von Orly Zailers Ausstellung AHNEN, rund um die Themen Identität, Erinnerung, Zugehörigkeit.

© Katerina Haller

Katerina Haller

Katerina Haller ist Szenografin und Kulturarbeiterin. Sie studierte Szenographie sowie Philosophie und Feministische Gesellschafts- und Kulturwissenschaften. Sie setzt sich in ihren Arbeiten und ihrer Lehre mit der vielschichtigen Wirkweise von Urbanität, mit sozialen und gesellschaftspolitischen Strukturen im Wechselspiel mit Gestaltung auseinander.

© Edith Hessenberger

Edith Hessenberger

ist promovierte Ethnologin und Geografin. Seit 2018 leitet sie die Ötztaler Museen, darüber hinaus ist sie als freischaffende Kulturwissenschaftlerin tätig. Ihre wissenschaftlichen Schwerpunkte sind Erzählforschung und Oral History, Geschichte der alpinen Berglandwirtschaft, Tourismus- und Alpinismusgeschichte sowie Migrationsforschung.

© Hanno Loewy

Hanno Loewy

studierte Literatur-, Kultur- und Medienwissenschaften. Er ist Ausstellungskurator und Publizist und seit 2004 Direktor des Jüdischen Museums Hohenems. Von 2011 bis 2017 war er Präsident der Association of European Jewish Museums. Zahlreiche Veröffentlichungen über Film und Fotografie, jüdische Geschichte und Gegenwart.

Musikalische Kommentare und Zusammenfassungen

Siggi Haider (Akkordeon, Gesang, Percussions) – Klangabenteurer

Der Tiroler Künstler gehört seit Jahrzehnten zu den gefragtesten Theater- und Hörspiel-Musikern im süddeutschen Sprachraum. Diverse solistische Tätigkeiten, u. a. mit Felix Mitterer oder Tobias Moretti und dem Orchester Modern Times bei der Ruhrtriennale.

© Iris Krug

Julia Haider (Saxophon und Gesang, Schauspielerin)

schreibt und spielt Bühnenmusik. Diverse Kooperationen mit ihrem Vater Siggi Haider, z. B. an der Seite von Felix Mitterer in Kafkas »Ein Bericht für eine Akademie«.

Über INN SITU